Triff deine Entscheidung oder ertrage die Ewigkeit
- Giuseppe Vazzano
- 12. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
„Weißt du, warum wir uns so schwer tun, Entscheidungen zu treffen?“
Ich frage das nicht, um dich bloßzustellen. Ich frage es, weil ich es selbst kenne.
Die Wahrheit? Es ist Angst.
Nicht die große, dramatische Angst. Sondern dieses feine Zittern unter der Haut.
Unser Gehirn wurde nie gebaut, um uns glücklich zu machen.
Es wurde gebaut, um uns am Leben zu halten.
Es schmeckt nicht nach Espresso und Salzluft, nicht nach nacktem Freiheitsgefühl – es schmeckt nach Sicherheit. Selbst wenn diese Sicherheit aus altem Schmerz besteht.
Darum bleiben wir in Jobs, die uns leersaugen.
Darum sitzen wir in Beziehungen, die nur noch Routine atmen.
Nicht, weil wir schwach sind – sondern weil unser Nervensystem flüstert: „Bekanntes Leid ist sicherer als unbekannte Freiheit.“
Aber stell dir vor, du spulst dein jetziges Leben vor.
Sechs Monate.
Ein Jahr.
Fünf.
Siehst du dieselben Räume, dieselben Gespräche, dieselbe Müdigkeit?
Niemand wird kommen, um dich da rauszuholen.
Kein Schicksalspaket, kein Guru.
Entscheidungen sind keine Feuerwerke.
Sie sind ein kleiner Tod, aus dem neues Leben wächst.
Wie Bohnen, die erst zermahlen werden müssen, bevor sie diesen Duft freigeben, der dich wachküsst.
„Also… welchen Geschmack willst du in fünf Jahren auf der Zunge und unter der Haut haben?“
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☕ Espresso Essenz – Drei Learnings zum EspressoTalk „Entscheidungen“
1️⃣ Der Körper entscheidet mit
Deine Angst vor Veränderung sitzt nicht im Kopf – sie sitzt im Nervensystem. Atme tief, geh spazieren, bewege dich. Erst wenn dein Körper sich sicher fühlt, kann dein Kopf mutig denken.
2️⃣ Kleine Entscheidungen trainieren große
Wechsle nicht gleich den Job. Geh heute einen anderen Weg zur Arbeit. Bestell etwas Neues. Sag einmal „Nein“, wo du sonst „Ja“ sagst. Jeder kleine Schritt stärkt deinen Mut-Muskel.
3️⃣ Die 10–10–10-Regel
Frag dich: Wie denke ich in 10 Minuten darüber? In 10 Monaten? In 10 Jahren? Meist sind die Ängste in 10 Monaten verblasst. Aber die Entscheidungen, vor denen wir davonlaufen, brennen in 10 Jahren noch nach.
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Espresso-Geschichte – Zwei Espressi und ein halber Atemzug
Die Tür des Cafés öffnet sich mit einem kleinen Klang der Glocke. Draußen tropft der Regen der ersten Herbsttage von den Markisen. Carla sitzt an ihrem Lieblingsplatz, ihr Mantel hängt über dem Stuhl, ein Tropfen rutscht langsam von der Kante und fällt auf den Boden, plopp, als wollte er den Moment markieren.
Sie streicht mit dem Finger über den Rand ihrer Espressotasse, gedankenversunken, als könnte sie dort in die Zukunft blicken. Draußen teilt sich die Piazza in zwei Gassen, eine führt zur Kirche, die andere hinunter zum Meer.
Die Tür geht noch einmal auf. Marco steht da, die Haare feucht, Hemdsärmel hochgekrempelt, zwei Espressi in den Händen. Er setzt sich ihr gegenüber, legt keinen großen Auftritt hin. Nur dieses Grinsen, das sie schon tausendmal gerettet hat.
„Weißt du noch… damals?“, sagt er leise. „Als wir beide dachten, wir wären fertig.“
Carla hebt eine Braue, halb Lächeln, halb Wunde.
„Wir hätten den einfachen Weg nehmen können. Jeder für sich. Bekannte Leere statt unbekannter Freiheit.“

Marco stellt die Tassen ab, das Porzellan klirrt leise.
„Aber wir haben anders entschieden. Weil wir wussten, dass mehr möglich ist. “
Das Licht im Café wird in diesem Moment wärmer, als hätte jemand heimlich den Dimmer gedreht. Jemand lacht an der Theke, ein Löffel klingelt gegen Glas.
Carla nimmt einen Schluck Espresso, schließt die Augen kurz. „Neue Wege schmecken immer nach Risiko“, flüstert sie. „Und manchmal nach Meer.“
Marco legt seine Hand über ihre. Mit der stillen Sicherheit zweier Menschen, die wissen, dass Liebe kein Stillstand ist, sondern Bewegung und Wachstum und neue Wege bedeutet.
Draußen klart der Himmel auf, und ein schmaler Sonnenstrahl trifft genau die Weggabelung vor dem Café. Zwei Spatzen flattern auf, als würden sie eine Richtung andeuten.
Carla öffnet die Augen, sieht Marco an und lacht.
Leise, warm, wie ein kleines Geheimnis, das nur sie beide kennen.
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