Stinkebohne im Kopf
- Giuseppe Vazzano
- 27. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Es ist früher Morgen.
Noch still alles.
Die Welt gähnt leise,
du auch.
Du stehst da,
Espressotasse in der Hand,
barfuß vielleicht,
die Küche warm vom ersten Licht.
Ein kleiner Moment für dich.
Kein Trubel, kein Gelaber.
Nur Maschine, Mühle, du.
Du hebst die Tasse.
Schließt kurz die Augen.
Der erste Schluck –
und dann…
…verzieht sich dein ganzes Gesicht.
Irgendwas stimmt nicht.
Der Geschmack:
bitter, muffig, schräg.
Als hätte jemand alten Kellerstaub mit aufgebrüht.
Und du weißt sofort:
Da war eine drin.
Die eine.
Die Stinkebohne.

Von außen harmlos.
Nur ein bisschen heller.
Ein bisschen schief.
Ein bisschen so wie du manchmal dienstags morgens um 7.
Aber innen:
Mief.
Verdorben.
Ein leises „Pfui“, das sich durch alles zieht.
Und weißt du was?
So läuft das nicht nur im Kaffee.
So läuft das auch in deinem Kopf.
Da gibt’s Gedanken,
die schmecken wie frisch gemahlene Lust aufs Leben.
Und dann gibt’s die anderen.
Die,
die schon seit Jahren in deiner inneren Vorratskammer gammeln.
Eingeschweißt in Moral,
etikettiert mit „vernünftig“,
aber längst abgelaufen.
Gedanken wie:
„Reiß dich zusammen.“
„Mach’s besser.“
„Erst die Pflicht.“
„Nicht so sensibel.“
„Freude? Später vielleicht.“
Du kennst sie.
Du denkst sie.
Und du wunderst dich,
warum dein Tag nach Filterkaffee und Frust schmeckt,
statt nach Espresso und wildem Leben.
Diese Gedanken sind Stinkebohnen im Kopf.
Sie kommen leise,
fast höflich.
Aber sie machen alles schal.
Du brühst dein Leben damit auf
und servierst es dir jeden Morgen neu –
mit einem Hauch Schuld,
einem Schuss Anpassung
und einer Prise „Ach, passt schon.“
Nein.
Tut’s nicht.
Nicht mehr.
Es wird Zeit,
die Mischung zu ändern.
Und zwar mit ordentlich Geschmack.
Du darfst denken,
was dich nährt.
Du darfst fühlen,
was dich wärmt.
Und du darfst wissen:
Du bist nicht die Kaffeebohne.
Du bist der Barista deines Lebens.
Also.
Wenn du morgen früh deine Tasse hebst –
hör mal genau hin.
Nicht auf den Schaum.
Sondern auf das,
was in dir spricht.
Und wenn’s wieder säuselt:
„Nicht so viel, nicht so laut, nicht so du“ –
dann sag leise:
„Ciao, Stinkebohne.
Heute schmeck ich mich wieder selbst.“
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