Kultur frisst Mindset zum Frühstück
- Giuseppe Vazzano

- 5. Nov.
- 2 Min. Lesezeit
„Mindset ist wie eine Pflanze.Wenn du sie in den falschen Boden pflanzt,verdorrt sie – egal, wie oft du sie gießt.“
Frühstückstisch.
Papa Bohne blättert in der Zeitung, „Kaffeepreise steigen wieder“.
Mama Bohne streicht Brot, murmelt was von Schulranzen und Bohnenmilch.
Junior Bohne, die kleine, glänzende Neugier in Person, schaut auf und sagt:
„Wenn ich groß bin, will ich Espresso werden.“
Stille.
Ein Moment, so dick wie kalter Filterkaffee.
Papa Bohne verschluckt sich, hustet, schimpft.
Mama Bohne lässt das Messer fallen.
Beide starren ihn an, als hätte er den heiligen Mahlgrad beleidigt.
„Espresso?!“„Wir sind Filter-Kaffee, Junior. Schon immer. Seit Generationen.“
Junior Bohne senkt den Blick.
In der Schule lacht die Klasse, als er’s wieder sagt.
Die Lehrerin lächelt müde.
Später im Bewerbungsgespräch, selbe Frage, selbes Entsetzen.
Und irgendwann glaubt er selbst, dass er kein Espresso ist.
Nur eine weitere Bohne im Tropf-Filter-System.
Sein Leben schmeckt danach.
Lauwarm. Angepasst.
Und er nennt es Normalität.

Mindset allein bringt dir gar nichts
Weißt du, sie alle reden von Mindset.
Glaub an dich, denk positiv, verändere dein Denken – bla, bla, bla.
Aber wenn du jeden Tag in einer Welt aufwachst, in der Filter-Kaffees sich gegenseitig dafür feiern, wie gleichförmig sie durchs Leben tropfen, dann kannst du denken, was du willst, du wirst trotzdem Gefahr laufen, irgendwann nach Papierfilter schmecken.
Mindset ist wie Druck im Siebträger,
er baut sich nur auf, wenn der Mahlgrad stimmt und du Platz hast, um Dampf zu machen.
Wenn aber dein Umfeld jeden Versuch, anders zu schmecken ,als „zu stark“, „zu intensiv“ oder „zu viel“ abstempelt, dann braucht’s keinen neuen Glaubenssatz, sondern eine neue Umgebung.
Nicht Think positive. Sondern Drink different.
Kultur frisst Mindset zum Frühstück
Neurobiologisch betrachtet ist „Mindset“ nur ein Bündel aus neuronalen Gewohnheiten. Diese Muster verändern sich nicht im Vakuum, sie entstehen im sozialen Resonanzraum.
Das heißt: dein Denken wird permanent vom Umfeld gespiegelt, bestätigt oder korrigiert.
Wenn du also dein Mindset ändern willst, darfst du verstehen: Bewusstsein ist ansteckend. Das Gehirn liebt Anpassung, weil sie Zugehörigkeit sichert. Deshalb kannst du noch so viele Podcasts hören, Affirmationen sprechen, Retreats buchen, wenn du danach wieder in ein Umfeld gehst, das Espresso für Arroganz und Intensität für Überforderung hält, wird dein Nervensystem zurückschalten.
Transformation braucht Resonanzräume, in denen das Neue nicht lächerlich gemacht, sondern verkörpert wird. Mindset ist die Zündkerze. Kultur ist der Kraftstoff.
Dazu eine kleine Geschichte
Ein paar Jahre später.
Der Morgen über dem Café ist noch müde, die Sonne noch nicht wirklich wach.
Eine einzelne Bohne, nennen wir sie Lino, rollt durchs Café La Nostra Vita,
irgendwie verloren, ein bisschen verschüchtert.
Ich schaue hoch, wische die Bar ab. „Setz dich, Ragazzo.“
Lino seufzt. „Ich wollte immer Espresso werden. Aber … na ja, Filter eben.“
Ich nicke, nehme eine Handvoll Bohnen, lege sie in die Mühle.
Das Geräusch: rau, ehrlich, unvermeidlich.
„Weißt du“, sage ich,
„Bohnen bleiben Bohnen.
Aber was sie werden, hängt von der Röstung ab, vom Wasser, vom Mut, der Hitze standzuhalten.“
Ich drücke den Hebel.
Ein Zischen, ein Duft, das ganze Café schmeckt plötzlich wach.
„Vielleicht“, sagt Lino leise, „brauch ich einfach einen neuen Siebträger.“
Ich lächle. „Oder du wirst selbst einer.“
La Nostra Vita bedeutet nicht, dich mit positivem Denken in einen Filter zu pressen. Sondern den Mut zu haben, deinen eigenen Geschmack zu leben,
egal, wer sich verschluckt.










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