Bruno hat’s nie wirklich geschmeckt
- Giuseppe Vazzano
- 1. Aug.
- 1 Min. Lesezeit
Bruno ist Italiener.
Einer von den Guten.
Mit Espresso im Blut
und einem Ma va! auf den Lippen.
Einer, der gestikuliert,
wenn er auch schweigen könnte.
Eigentlich.

Er sieht aus,
als würde er das Leben kennen.
Aber er kennt nur den Rahmen.
Bruno hat früh gelernt,
wie man sich benimmt.
Wie man nicht auffällt.
Wie man Ziele setzt
und Träume klein faltet,
damit sie in die Schublade passen.
Er hat gelernt zu nicken,
zu planen,
zu funktionieren.
Und irgendwann
dachte er, das sei Leben.
Bruno ist mein innerer Nörgler.
Und ja, er lebt noch in mir.
Er meldet sich,
wenn es knistert,
wenn ich plötzlich laut lache,
nackt denke,
frei fühle.
Dann flüstert er:
„Bist du sicher?“
„Nicht übertreiben.“
„Was denken die Leute?“
"Willst du das wirklich so posten?"
Er meint es nicht böse.
Er meint es vernünftig.
Ich hab versucht, ihn wegzumachen.
Hab geschrien, diskutiert, ignoriert.
Hat nichts gebracht.
Bruno blieb.
Mit seinem Stirnrunzeln
und dem leichten Duft von Angst.
Also hab ich ihm einen Platz gegeben.
In meinem Café.
Vorne. An der Sonne.
Mit Blick auf die Vespa.
Jetzt sitzt er da.
Sagt weniger.
Schaut mehr.
Und wenn er doch mal nörgelt,
reich ich ihm einen Espresso.
Heiß. Stark. Ohne Kompromiss.
Und sag:
„Grazie, Bruno.“
Ich lebe.
Und Bruno?
Er kaut auf etwas, das er nicht kennt.
Aber es schmeckt nach Leben.
Setz dich zu uns.
Bruno ist da.
Er schweigt die meiste Zeit.
Und wenn nicht,
kriegt er noch einen Espresso.
Und dann lächelt er.
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